Warum Litigation-PR Leben retten kann

Vom Golfplatz hinter schwedische Gardinen. Manchmal geht es ganz schnell und dann ist alles verloren: Ansehen, Vermögen, Freiheit, Gesundheit. Paradebeispiel für fehlende – und nach monatelanger Schockstarre – schlechte Pressearbeit ist die Zentralfigur des Bawag-Skandals, Helmut Elsner.

Zur Erinnerung:  2006 wurden die verlustreichen Karibik-Geschäfte und ein Kredit an das in Insolvenz geschlitterte amerikanische Brokerhaus Refco ruchbar. Neben dem Milliardenschaden für die damalige Gewerkschaftsbank begann eine regelrechte Jagd von Strafbehörden und Aufdecker-Medien auf die Verantwortlichen. Obwohl es vor allem der schillernde Exil-Österreicher Wolfgang Flöttl war, der mit riskanten Spekulationen die Bank in existenzgefährdende Nöte brachte, fokussierte die mediale Aufmerksamkeit rasch auf den einstigen Bawag-Generaldirektor Elsner. Dieser lebte in einer Villa an der französischen Riviera und war – auch mit tatkräftiger Unterstützung der Politik – zum alleinigen Sündenbock erkoren worden. Höhepunkt dieser ersten Phase: Elsner im Golfdress am Cover einer bekannten Wiener Wochenzeitung mit der Schlagzeile: „Der Rüpel“.

Nun muss man wissen, dass Elsner schon während seiner aktiven Zeit an der Spitze der Bawag nicht besonders viel Wert auf eine sympathische Darstellung seiner Person legte. Man könnte sein Verhältnis zu Journalisten als angespannt umschreiben. Daher schien auch seine Reaktion auf die Vorwürfe im Bawag-Skandal zunächst nachvollziehbar. Er sagte nichts. Gar nichts. Tauchte völlig ab und bewegte sich höchstens in einer Gated Community an der Cote d´Azure.

Unterdessen arbeiteten alle anderen eifrig an Strategien, um nicht selbst ins mediale Sperrfeuer zu geraten, abzulenken oder sogar die eigene Aufklärungsarbeit im Skandal besonders preisen zu lassen. Einige Ex-Vorstandskollegen von Elsner kommunizierten mittels ihrer Anwälte, die Justiz leakte gezielt belastende Dokumente und die Politik (vor allem die der Bank ganz nahestehende SPÖ) nutzte dankbar die Möglichkeit einen alleinigen Sündenbock (das Versagen einer Einzelperson) präsentieren zu können.

Elsner lies hingegen alle Gelegenheiten verstreichen seine Sicht der Dinge zu kommunizieren – selbst seine Anwälte gaben sich mehr als wortkarg. Ein fataler Fehler. Gerade in den ersten Wochen verfestigte sich so das Bild von Elsner als machttrunkener Liebhaber von dicken Zigarren, luxuriöser Penthäuser und schneller Sportwagen – gepaart mit schlechten Manieren am Golfplatz. Zu diesem Unglück kam auch noch Pech. Elsner, der krankheitsbedingt Einvernahme-Termine in Wien platzen ließ, wurde quietschfidel und tiefgebräunt im Porsche Cabrio fotografiert.

Es kam, wie es kommen musste. Handschellen und Untersuchungshaft. Dass sich einige Dinge im Nachhinein als falsch herausstellten – geschenkt. Und selbst zu diesem ebenso späten, wie prekären Zeitpunkt schwieg Elsner immer noch. Umso lauter waren die Bilder aus Gefängnistransporter und Haftanstalt.

Seine Mitangeklagten konnten sich in Freiheit auf den Prozess vorbereiten und sich am Abend in weiche Daunenpolster kuscheln, während Helmut Elsner morgens durch unsanfte Rufe aus kratzigen Decken geweckt wurde. Erst im Laufe des sich monatelang hinschleppenden Prozesses versuchte Elsner bzw. die ihm zur Seite stehende Gattin eine Art Opfererzählung zu stricken, die freilich nicht verfing. Erneut kam was kommen musste: Als einziger Verantwortlicher des Bawag-Skandals (und es gab ein gutes Dutzend davon) musste Elsner tatsächlich in die Strafhaft – seiner mittlerweile schwer beeinträchtigten Gesundheit zum Trotz. Ob Aufsichtsrat oder Nachfolger, ob Milliardenspekulant oder Risikovorstand – sie alle gingen ohne einen einzigen Tag gesiebte Luft atmen zu müssen in ihr weiteres Leben.

Helmut Elsner hingegen verließ schließlich das 1er Land als alter, schwerkranker Mann. Der noch dazu fast sein gesamtes Vermögen verlor (sei es durch Beschlagnahme oder durch horrende Prozesskosten). Es folgten einige Versuche – auch in der medialen Wahrnehmung – späte Gerechtigkeit zu erlangen. Der Erfolg war retrospektiv betrachtet bescheiden.

In einigen Gesprächen erzählte Elsner, dass er in der Anfangszeit wohl falsch und schlecht beraten wurde (von seinen Rechtsanwälten) und er sich seiner Sache so sicher war, dass er nichts Ernstes befürchtete. Im Nachhinein ist man immer klüger, aber zwei, drei strategisch gut aufgesetzte Interviews, ein Hintergrundgespräch mit führenden Journalisten und eine gewisse „Servicierung“ involvierter Medien mit hilfreichen Unterlagen hätte die Negativ-Schlagzeilen zwar nicht ganz verhindern, aber mit Sicherheit gerechter aufteilen können. Und so eine deutlich geringe Strafe (in persönlicher wie finanzieller Weise) in Sichtweite gerückt.